Donnerstag, 12. Juli – Kreta 2001

Heute freue ich mich sehr auf das Treffen mit Jürgen und Stefanie von Kriti-Net bei Judith in Kalamáki. So fahre ich schon am späten Vormittag hinunter und kaufe unterwegs das Bier ein, das ich mitzubringen versprochen hatte. Wir deponieren es bei Judith im Kühlschrank, dann aber müssen sie und Thanassis weiter arbeiten. So beschließe ich, einfach ein bisschen die Gegend zu erkunden und dem Jeep noch mal ein paar unwegsame Steine unter die Räder zu bringen.

Beim Camping „Komós“ lese ich vier junge Deutsche auf, die ermattet auf den Bus warten und ganz begeistert sind, dass es vor allen Dingen hinten im Jeep zieht wie Sau und sie so wenigstens etwas frische Luft kriegen. Dass sie etwas kraxeln müssen, weil der Beifahrersitz klemmt, wen stört das schon. Sie wohnen im „Matala Bay“, dem man nach erfolgter Renovierung zumindest von außen nicht mehr ansieht, dass es das älteste von Mátala ist.

Zurück in Pitsídia lasse ich von einer vielversprechenden Tavernenreklame anlocken. Hier soll es Oktopus-Salat geben. Das wäre es jetzt genau! Pustekuchen. Natürlich ist er gerade ausgegangen und da ich zu faul bin, wieder aufzustehen, bestelle ich leicht seufzend mein Standardmittagstellerchen: Schafskäse mit Olivenöl und Oregano, dazu Oliven.

Fast eineinhalb Stunden sitze ich hier und beobachte den Durchgangsverkehr. Irgendwann ist die zweite Portion Käse alle und das Ganze wird langweilig. Also mache ich mich wieder auf. Ich fühle mich so mittagsschlafsschwer. Aber bis Agía Galíni zurückfahren ist mir im Moment zu lästig. Da erinnere ich mich an Judiths und Thanassis‘ „Ranch“. Daneben stehen doch auch herrliche Olivenbäume mit Schatten, unter denen ich ein wenig dösen könnte. Gesagt, getan. Ich parke unter einem Baum ein und drehe den Liegesitz herunter. Die Zikaden lärmen, aber das ist ja gerade das Beruhigende.

Und dann fährt leider ein weiterer Wagen nicht vorbei, sondern vor. Es ist Thanassis, der seine Tiere und den Garten versorgen will. Das war’s dann, da kann ich nicht ignorant weiterdösen. Dabei war es gerade so gemütlich … Ich gehe ihm nur geringfügig zur Hand und beschließe danach, mich mit einer Handvoll Frappédes wieder zu den Lebenden zu erwecken, die ich im Café auf dem Dorfplatz einnehme. Es gelingt sogar.

Eigentlich müssten Jürgen und Stefanie schon lange da sein! Da das hier Sitzen und Warten offensichtlich nichts hilft, gehe ich lieber Thanassis beim Kochen helfen. Allerdings ist da nicht viel zu helfen, nur die Zucchini darf ich mit Knoblauch spicken und ein bisschen am Salat mitschnippeln.

Kurz nachdem Judith aus dem Büro kommt, tauchen dann endlich auch Jürgen und Stefanie auf. Obwohl wir uns noch nie aus der Nähe gesehen haben, sind wir so etwas wie alte Bekannte. Schließlich hatten wir schon recht engen Kontakt, bevor es das gemeinsame Kreta-Forum gab, zu deren Vätern (und Müttern) wir zählen. Es wird ein sehr netter und langer Abend mit hervorragendem Essen, lediglich getrübt durch einen Anruf, den Judith erhält: eine liebe Freundin ist überraschend gestorben.

Als ich irgendwann zusammen mit Jürgen und Stefanie, die wie üblich in Ammoudára wohnen, aufbrechen will, legt Judith ein Veto ein:
„Du solltest besser heute nicht mehr fahren! Ich habe ein Zimmer für dich.“
Da ich doch schon so einige Bierchen zu mir genommen habe, widerspreche ich ihr nicht allzu lange. Denn die drohenden Alkoholkontrollen bei Kókkinos Pýrgos habe ich ja weiter vorne schon erwähnt. Ich habe zwar ein bezahltes Zimmer in Agía Galíni, aber was soll’s. Judith, Jürgen und Stefanie geleiten mich noch zur Pension „Panorama“ von Judith, wir verabschieden uns herzlich.

Als ich Stefanie zur Verabschiedung auf griechische Art links und rechts auf die Wange küsse, schreit Jürgen prophylaktisch: „Mich brauchst du nicht zu küssen.“
„Jürgen, das hatte ich sowieso nicht vor.“
Es scheint ihn zu beruhigen …