Kreta 1974 – Teil 3

Wilfried und ich fuhren also dorthin. Wir hofften, dass es keine allzu große Sache war, denn in wenigen Tagen sollten wir eigentlich den Heimweg antreten – die Zeit war wieder einmal viel zu schnell vergangen.

Der Besitzer der Werkstatt schaute eine Weile stirnrunzelnd in den bis auf den letzten Winkel gefüllten Motorraum. Dann baute er die Batterie aus und hing sie erst mal an die Ladestation.
Uns bedeutete er, dass die Sache mit Sicherheit bis zum nächsten Tag dauern würde. Wo wir denn wohnten? Er würde den Wagen dann persönlich vorbeibringen.
Wir hinterließen als Kontaktadresse Jannis‘ Lokal und wanderten die zwei Kilometer nach Kókkinos Pýrgos zu Fuß zurück. Unser wichtigstes Gepäck lag sowieso bei Jannis.

Der nächste Tag ging vorbei, von unserem Auto sahen wir nichts … Der folgende Tag verlief ebenso ergebnislos. Wirklich misstrauisch wurden wir allerdings erst, als einer der Fischer, der regelmäßig bei Jannis einkehrte, unseren Wagen an den beiden vergangenen Tagen in Agía Galíni gesehen haben wollte. Der Werkstattbesitzer machte sich offensichtlich einen Spaß daraus, mit unserem schicken Auto spazieren zu fahren …

Also machten wir uns umgehend wieder nach Timbaki auf und trafen den Mann tatsächlich in der Werkstatt an. Auch der Wagen stand unversehrt vor der Tür.
Er begrüßte uns freundlich. Ja, er wäre sowieso heute nach Kókkinos Pýrgos gekommen und hätte uns den Wagen gebracht. Dann verschwand er in der Werkstatt und kehrte mit zwei völlig abgelutschten Kohlen aus einer Lichtmaschine zurück. Das da seien die Übeltäter gewesen, kein Wunder, dass die Lichtmaschine nicht mehr ordnungsgemäß die Batterie hatte laden können. Jetzt sei aber alles in Ordnung.

Er gab auch ohne Zögern zu, ja, er sei in Agia Galini gewesen, er hätte ja das Ergebnis seiner Arbeit testen müssen … Für seine Arbeit verlangte er den anscheinend damals üblichen Einheitspreis von 200 Drachmen. Da uns das sehr preiswert erschien, waren wir es zufrieden und verabschiedeten uns. Der Wagen sprang ohne Probleme an …

Den nächsten Tag – unseren vorletzten auf Kreta – verbrachten wir in aller Ruhe badend und essend. Am nächsten Vormittag packten wir unsere Siebensachen zusammen und fuhren nach Iráklion. Der Wagen machte keine Probleme …
Die Nacht verbrachten wir mit einigen Flaschen Retsina, Feta und Tomaten auf dem Deck der Fähre. Ich hasste mit jedem Jahr die Abschiede von der Insel mehr!

Am nächsten Morgen sprang das Auto wieder ohne Murren an und wir machten uns auf die große Fahrt … wir kamen allerdings nur etwa hundert Kilometer weit, als der Wagen plötzlich langsamer wurde. Mit etwas Glück erreichten wir gerade noch eine Tankstelle, dann erstarb der Motor. Alles, was man dort für uns tun konnte, war – nach ratlosen Blicken unter die Motorhaube – die Batterie wieder aufzuladen.

Und so wurde es eine sehr lange Rückfahrt. Alle zweihundert Kilometer musste die Batterie für einige Stunden (!) an eine Ladestation … denn Schnellladegeräte gab es nirgendwo! Wir lernten mehr jugoslawische Tankstellen kennen, als uns lieb war. Erst kurz vor Graz fanden wir eine Bosch-Niederlassung, allerdings war dort schon Feierabend. Nur der Chef war noch anwesend und konnte unserem Bitten und Betteln nicht allzu lange wiederstehen. Wir beobachten seine umständliche Fummelei am Auto mit Misstrauen. Er war wohl ein wenig aus der Übung und nicht mehr der Geschickteste. Zuerst ließ er sich fast das Auto auf den Kopf fallen. Dann begann er zu unserem Schrecken, mit einem Trennschleifer der Batteriehalterung auf den Pelz zu rücken, weil er keine andere Möglichkeit sah, an die Lichtmaschine zu kommen. Spätestens jetzt war uns klar, dass uns der Mann aus Timbáki angeschwindelt hatte. Er hatte nichts weiter getan, als die Batterie aufzuladen …

Der Österreicher fummelte und fluchte, tauschte diesmal wirklich die Kohlen der Lichtmaschine aus und baute alles wieder zusammen. Auch die Batterie hatte er zwischenzeitlich aufgeladen.

Ach, war das hinterher ein herrliches Fahrgefühl. Wir hatten ja während der ganzen bisherigen Fahrt keinen Blinker oder gar Fernlicht benutzt, um die Batterie so wenig wir möglich zu beanspruchen. Und nun konnten wir wieder aus dem Vollen schöpfen!

Hatten wir uns so gedacht … bereits bei Salzburg war wieder Feierabend … also gab es bis Köln noch mehrere erzwungene Fahrtunterbrechungen und so dauerte die Rückfahrt insgesamt viereinhalb Tage.
In Köln stellte man in der BMW-Werkstatt fest, dass die „Ursache des Grundes“ mitnichten die Lichtmaschine war, sondern ein simpler Kabelbruch.

Wieder mal ist ein Urlaub zu Ende …