Kreta 1977 – Teil 3

PicturesKJ/for-1977-44_Ankunft.jpgWie erwähnt hatten wir am Abend bzw. in der Nacht einige nette Leute kennen gelernt. Ich vergebe hier einfach Phantasienamen, da ich bis auf Toni keinen mehr in Erinnerung habe.
Toni kam mit einer Bekannten aus München und war ebenso mit einem VW-Bus unterwegs wie wir. Sie waren das erste Mal auf Kreta und interessierten sich sehr für meine „Erfahrungen“. Also beschlossen wir, da wir uns auf Anhieb sympathisch waren, am nächsten Morgen zusammen aufzubrechen, um von Soúda aus „mal wieder“ eines meiner Lieblingsziele, das „Kyani Akti“ bei Kalýves anzusteuern. Tonis Begleiterin nennen wir jetzt mal Michaela.

Hinzu kamen zwei junge griechische Studenten aus Athen, die auch vorher noch nie auf Kreta waren, und die uns höflich fragten, ob sie sich uns für eine Weile anschließen dürften. Nennen wir sie Jorgos und Christos (ich glaube, sie hießen wirklich so, bin mir aber nicht sicher). Zwei Rucksacktramper, einer aus Süddeutschland (Rolf), der andere aus Österreich (Franz) komplettierten die Truppe. Jetzt waren wir also in drei Autos zu zehnt.

PicturesKJ/for-1977-45_Ankunft.jpgDie Sirenen des Fährschiffes rissen uns aus dem Schlaf (wir hatten ziemlich lange ziemlich gebechert), wir liefen bereits in die Soúdabucht ein. Die Deckspassagiere (darunter auch eine Roma-Familie, die ein Deck tiefer kampiert hatte) genossen den Blick auf die Weißen Berge, während das Schiff anlegte.

Während des Anlegemanövers kam ein bärtiger junger Mann, den ich am Vorabend schon wahrgenommen und gegen ihn und seine Begleitung eine recht spontane Abneigung entwickelt hatte, auf mich zu und sprach mich an: „Wir haben gestern mitbekommen, dass du schon ein paar Mal hier warst. Hast Du einen guten Tipp, wo wir hinfahren sollten? Wo fahrt ihr denn hin?“
Ich antwortete ausweichend, denn eigentlich wollte ich ihn nicht um mich haben: „Erst einmal nach Westen …“. Jeder hier weiß, dass Kalýves im Osten von Soúda liegt.

Als wir unsere Wagen aus dem Schiff fuhren, bemerkten wir, dass er mir wohl nicht geglaubt hatte, denn sie warten – ebenfalls in einem VW-Bus – auf uns, um sich offensichtlich an uns dran zu hängen. Da kamen sie aber an den Richtigen!
Ich übernahm die Spitze, hinter mir fuhr Toni und am Ende reihten sich Jorgos und Christos in ihrem roten Simca ein. Dann aber scherte wie befürchtet auch der unerwünschte VW-Bus aus und folgte uns.

Ich bog auf die alte Straße nach Osten ein und fuhr an den Marinekasernen von Soúda vorbei. Dahinter folgt(e) ein kleineres Stück mit einigen unübersichtlichen Kurven, bevor die Straße auch heute noch in die „New Road“ mündet.

Und dann startete ich mein „unerwünschte-Verfolger-Abhängmanöver“ (ich hatte die anderen instruiert und vorgewarnt). Ich überholte – ziemlich risikoreich – einen Traktor, der einen großen mit Heu beladenen Anhänger hinter sich her zog. Dann konnte ich als Einziger die Straße wieder vernünftig einsehen und winkte die beiden anderen Wagen vorbei. Unser „Verfolger“ befand sich hinter der Kurve, konnte meine Handzeichen nicht sehen und traute sich folglich an dem Verkehrshindernis nicht vorbei. Wir hingegen traten auf den Pinsel und holten aus den Autos heraus, was sie hergaben, um den Abstand zu vergrößern. Kurz vor Kalámi und der Festung Izzedine gab und gibt es rechts der Straße einen Parkplatz, den man von der Straße aus wegen diverser Bäume nicht einsehen kann. Und diesen steuerten wir an, um uns zu „verstecken“.
Einige Minuten später raste der „Verfolger“ mit hochdrehender Maschine unter uns vorbei, er sah uns nicht. Und da in jenem Jahr die „New Road“ schon sehr viel weiter führte als zuvor, wird er wohl erst bei Georgioúpolis gemerkt haben, dass er uns verloren hatte.

PicturesKJ/for-1977-47_Kyani.jpgWir hingegen bogen nun in aller Gemütsruhe vor Izzedine auf die alte Straße ab und waren wenige Minuten später beim „Kyani Akti“. Ich erwähnte ja bereits, dass man das Lokal von der „New Road“ gar nicht sehen und kann und von der alten Straße so direkt auch nicht. Dort gibt es zwar inzwischen ein Hinweisschild, aber das nur auf Griechisch …

Als erstes war natürlich mal wieder ein Bad im Meer und eine anschließende Entsalzung im Süßwasserfluss Kíliaris angesagt, dann musste ein opulentes Frühstück her.

Es bestand wieder aus diversen Zutaten, die normalerweise für einen Mitteleuropäer eher weniger für ein Frühstück geeignet sind, aber es war herrlich. Statt Wein gab es allerdings Frappé für alle, dazu gekochte Eier, Spiegeleier, Oktopussalat, Féta mit Öl und Orégano, Tomaten, Oliven etc.

PicturesKJ/for-1977-48_Kyani.jpgVater Ilias und seine Familie sahen in mir inzwischen schon einen richtig alten Bekannten und so war es nach dem Frühstück überhaupt kein Thema, dass wir am Fluss unser „Feldlager“  aufschlugen. Am Dachgepäckträger meines Busses befestigten wir eine große orange Plastikplane, die auch das Autodach überspannte, auf der anderen Seite befestigten wir sie mit zwei langen Zeltstangen (alles in weiser Voraussicht mitgenommen). So erhielten wir einen zwar lichtdurchfluteten, aber doch sehr viel kühleren Platz vor dem Bus, unter dem wir unser Campingmobiliar aufbauten – ja dieses Mal hatten wir alles dabei! So war mein Bus zwar fest eingebaut, aber für mögliche kleinere Ausflüge gedachten wir, Tonis Auto zu nehmen. Natürlich hängten wir auch Wäscheleinen auf, denn nur zehn Meter von uns entfernt hatten wir Süßwasser bis zum Abwinken.

PicturesKJ/for-1977-49_Kyani.jpgDie folgenden Tage genossen wir einfach nur unser Zigeunerleben: Baden, essen und trinken, zusammen sitzen und quatschen, Musik machen … einfach nichts „Sinnvolles“  tun. Und die Ruhe natürlich, denn wir waren die einzigen Touristen vor Ort. Nur Toni und ich mussten jetzt endlich den Kassettenrecorder meines Autos reparieren, was uns in einer längeren Operation auch glückte. In Jugoslawien hatte sich eine Kassette verhaspelt und war gerissen …

Wir hatten ein System vereinbart, dass nie wieder so gut klappte wie in diesem Jahr: Ich zahlte alles, notierte es aber sorgfältig und teilte die Beträge einfach durch die Anzahl der Anwesenden und kassierte zwischendurch immer wieder einmal, um nicht plötzlich ganz ohne Geld dazustehen. Wobei jeder bestellen durfte, was er essen wollte, ob es nun teurer Fisch oder anderes war … mit der Zeit glich sich alles aus und keiner hatte etwas dagegen.

PicturesKJ/for-1977-69_Kyani.jpgUnser babylonisches Sprachgewirr spielte sich vorwiegend auf Englisch ab, denn eine andere Sprache, die wir alle verstanden, war nicht greifbar.

Eine nette Episode am Rande: Toni kam mal wieder aus dem Fluss zurück, den wir immer dann frequentierten, wenn es uns zu heiß wurde, aber nie lange drin bleiben konnten, denn er war und ist wirklich eiskalt. Er trocknete sich ab und griff zu einer Flasche Retsína (die wir auch im Fluss kühlten).
„So, jetzt fühle ich mich wohl wie ein frisch gef…… Eichhörnchen!“

Unsere beiden Griechen wollten natürlich wissen, warum wir anderen so lachten, also versuchten wir es mit einer Übersetzung. Es kamen einige Vorschläge, aber zum Schluss blieb wohl „I feel good like a just have been fucked nutsquirrel“ übrig, was sicher auch kein korrektes Englisch war. Egal, sie haben es verstanden.

PicturesKJ/for-1977-65_Kyani.jpgSo vergingen die Tage. Zwischendurch unternahmen wir einen Ausflug nach Chaniá (damals durfte man die Hafenpromenade noch befahren).

Morgens kam oft ein kleines Fischerboot an den Strand gefahren und Papa Ilias stieg in der Badehose ins Meer (Foto), um frischen Fisch zu kaufen, den einige von uns dann natürlich mit Genuss verzehrten.

Irgendwann aber beschlossen wir dann doch, unsere Zelte hier abzubrechen.

Kreta 1977 Reisebericht Teil 4