Kreta 1977 – Teil 4

PicturesKJ/for-1977-73_Samaria.jpgNach etwa zwei Wochen hatten wir also genug der Ruhe und des Badens, Essen, Trinkens und Faulenzen … dafür war dann später wieder Zeit. Die Diskussion am Vorabend hatte als Ergebnis gebracht, dass die Samariá-Schlucht eine schöne Option wäre. Es war zwar Mitte Juli, aber in der Schlucht würde es wohl nicht so heiß sein, und außerdem gab und gibt es dort Wasser genug.

Christos und Jorgos waren von der Idee, etwa 18 Kilometer durch unwegsames Gebiet zu wandern, nicht ganz so angetan, deshalb beschlossen sie, doch noch ein wenig zu bleiben … wir verabredeten uns recht locker für unser nächstes Etappenziel, an dem wir wieder ein paar Tage bleiben wollten. Das Wiedersehen klappte übrigens. Immer wieder staune ich selbst darüber, mit welcher selbstverständlichen Lockerheit man damals durch die Lande fuhr. Heute muss „man“ ja alles planen oder vorgekaut bekommen. Damals aber gab es niemanden, der kaute … wir haben trotzdem recht gut über- und nur von einem Tag zum nächsten gelebt.

PicturesKJ/for-1977-75_Samaria.jpgDie Damen badeten und wuschen die letzte Wäsche, die hier in einer Stunde in Wind und Sonne trocknete, die Herren brachen allmählich und in Ruhe das „Feldlager“ ab. Es musste ja so einiges gesäubert und verstaut werden. Aber nur keine Hektik … in diesem Urlaub nicht! Also setzte man sich zwischendurch auch mal wieder in den Schatten der Bäume und rauchte oder trank ein wenig Wein im Lokal. Wir wollten schließlich erst am Spätnachmittag nach Omalós aufbrechen und dort unser Lager erneut, aber nicht ganz so stabil wieder aufbauen. Diesmal sollte es nur für eine Nacht halten … dann würde der Tross durch die Schlucht wandern, während Toni und ich die Karossen nach Chóra Sfakíon befördern würden.
Keine Planung, wie gesagt, aber das generalstabsmäßig!

Nach einer ausführlichen Verabschiedung von der Familie  Vlamakis, bei denen wir nun ca. vierzehn Tage mehr als erholsam und alle um mindestens ein bis zwei Kilo schwerer (sogar ich!) zu Gast gewesen waren, brach die Mannschaft gegen vier Uhr nachmittags dann auf. Wie immer übernahm ich die Führung, denn ich kannte die Strecke schon.

Diverse Ausblicke, Ikonostássia und ein Esel ließen uns immer wieder die Fahrt unterbrechen, aber am frühen Abend erreichten wir dann doch die Omalós-Hochebene, auf der wir unser Lager aufschlugen. Dieses Mal kochten wir ausnahmsweise selber … und der Abend wurde etwas länger. Aber nicht zu lang, denn am nächsten Morgen sollte es recht früh losgehen.

PicturesKJ/for-1977-82_Samaria.jpgNachdem nun am Morgen alles wieder verstaut war, fuhren wir den letzten Kilometer zur Schlucht und entließen die Wanderer „in die Freiheit“. Alle Fotos aus der Samariá stammen übrigens nicht von mir, ich hatte irgendeinem der anderen einen Film in die Hand gedrückt, um eine möglichst lückenlose Dokumentation zu erhalten. In diesem Jahr hatte ich nämlich diesen Tick erst- und letztmals … es wurden über 1.000 Dias, von hier zum Glück nur ein kleiner Teil zu sehen ist.
Toni, Yvonne und ich allerdings machten uns auf die Autotour nach Chóra Sfakíon „außen herum“, um am Abend die Wanderer dort wieder einzusammeln. Warum Yvonne nicht mitwanderte – in späteren Jahren hat sie die Schlucht öfter durchlaufen als ich – wird später erzählt. Sie hatte nämlich ein Problem, dass uns noch eine Weile beschäftigen würde.

Ein weiteres Problem bekam Toni, als wir wieder den Weg hinunter fuhren. Plötzlich zogen seine Bremsen kaum noch. Wir spannten also meinen Wagen hinter seinen … er zog mich und ich bremste ihn. Wir kamen tatsächlich wieder heil unten an …

PicturesKJ/for-1977-89_Samaria.jpgWir fuhren eine Werkstatt an, wo man aber nichts fand. Und nach einer Rundfahrt auf dem Werkstatthof stellten wir fest, dass hier ein seltener Fall von „Selbstheilungswundere“ vorliegen musste – es war alles wieder in Ordnung! Übrigens machte die Bremse auch in den folgenden Tagen/Wochen keine Probleme mehr.

Also fuhren wir gemütlich weiter, wir hatten ja den ganzen Tag Zeit. Irgendwann am Nachmittag kamen wir dann in Chóra Sfakíon an. Zuerst hieß es, die Busse vorne auf der alten Mole zu parken … ja, man konnte damals noch auch als Tourist problemlos über die Promenade fahren. Dann suchten wir uns eine Taverne, um etwas zu essen.
Als das erledigt war, machten wir es uns auf der Mole gemütlich, um die Ankunft unserer Resttruppe abzuwarten.

Und nun sei noch schnell erklärt, warum Yvonne die Wanderung nicht mitgemacht hatte. Sie hatte sie einen wirklich heftigen und leicht eiternden Abszess am Unterschenkel. Woher der kam, wusste keiner so recht, aber sicherlich muss man sich nur einmal an einem Mückenstich kratzen, um dort eine Infektion auszulösen. Sei es wie es sei, das verdammte Ding bereitete vor allen Dingen Yvonne, aber auch uns anderen noch einige Probleme, vor allen Dingen aber auch meine erste und schlimmste Begegnung mit der griechischen Bürokratie, als Yvonnes Abszess längst Schnee von gestern war – Geduld!

PicturesKJ/for-1977-104_Samaria.jpgMehrere kleine Boote legten an – damals waren sie SEHR viel kleiner und rostiger als heute, dann aber war endlich das richtige dabei. Alle hatten die Schlucht gut überstanden … na ja, bei dem Spaziertempo kein Wunder. Da sie in Agía Rouméli etwas gegessen hatten, beschlossen wir, nach Frangokástello weiter zu fahren und uns dort einen netten Platz für unsere Fahrzeuge und etwas zu essen zu suchen.

Fotos davon habe ich keine, aber ich erinnere mich, dass wir ziemlich im Westen der verstreuten Häuser beides fanden. Einen Platz am Strand und unweit eine Taverne, in der wir später gut aßen und in der es hinterher sehr, sehr spät wurde. Auch wenn die meisten doch ein wenig müde waren. Die Wirtsleute waren freundlich und hatten ebenfalls an der ausgelassenen Truppe ihren Spaß. Vor allem, als diese nach griechischem Prinzip alles in einer Summe bezahlte – das System funktionierte nach wie vor.

Wir schliefen hinterher tief und fest und – da wir die Wagen und die externen Schlafsäcke im Schatten untergebracht hatten – auch erfrischend lang.
Nachdem wir in selbiger Taverne auch fast so etwas wie eine Art Frühstück bekamen, brachen wir zu neuen Ufern auf.

Kreta 1977 Reisebericht Teil 5