Religion

PicturesOG/kirche.jpgDie griechisch-orthodoxe Kirche lebt bewusst in der Tradition der frühen Christenheit. Auch auf Kreta ist die griechisch-orthodoxe Religion Staatsreligion, es gibt nur ganz vereinzelt auch kleine katholische Gemeinden.

Die orthodoxe Kirche bewahrt jedoch nicht nur die alten Traditionen, sondern sie war in der jahrhundertelangen Geschichte auch ein Bewahrer der griechischen Kultur. Stets befanden sich z. B. die kretischen Klöster in vorderster Front im Widerstand gegen fremde Herrscher, insbesondere gegen die Türken. Auch der große nationale Aufstand der Griechen ging von einem Kloster aus (wenn auch keinem kretischen): Am 25. März 1821 wurde im Kloster Agía Lávra auf der Peloponnes durch Bischof Germanós von Pátra die Fahne der Revolution gehisst. So traditionsreich und ehrwürdig die griechische Kirche also auch ist, so sehr ist sie doch dem Volk verbunden.

PicturesOG/kirche_apostoli.jpgEin deutliches Beispiel ist der Papás, der Pfarrer. Er gehört zwar zu den Honoratioren des Dorfes, ist aber ganz alltäglich im Kafenío oder bei der Feldarbeit anzutreffen (das spärliche Gehalt reicht meist nicht). Nur einmal aber habe ich einen Papás gesehen, der sogar tanzte, denn das geht ja nun doch zu weit.
Die Dorfpapádes haben immer auch eine „Papadiá“, eine Frau nämlich, und meist viele Kinder. Denn im Gegensatz zu seinem katholischen Kollegen muss der orthodoxe Priester vor Empfang der Weihen heiraten (dann ist es ihm allerdings verwehrt, in ein Kloster einzutreten oder zu höheren kirchlichen Ämtern und Würden zu gelangen). Der Papás ist ein Mann des Volkes, er lebt im, vom, für und mit dem Volk.

Meine damalige Freundin und ich haben mal einen trampenden (!) Papás mitgenommen, der uns schon nach zwei Kilometern anbot, uns zu trauen – und das völlig umsonst, nur etwas Anständiges zu essen und zu trinken, das müsse es schon geben! Wir haben uns aber damals (noch) nicht getraut bzw. trauen lassen (inzwischen sind wir seit über 28 Jahren verheiratet, allerdings nicht orthodox).

Mit etwas Glück kann man einen Papás beim Segnen eines Fischerbootes erleben, denn jedesmal, wenn ein Boot nach einem Landaufenthalt wieder ins Wasser kommt, ist das nötig. Und nach dem Segen legt der Papás die Utensilien beiseite und geht mit dem Fischer einen Rakí trinken.

PicturesOG/kirchlein_bei_spili.jpgAllgegenwärtig wie die Papádes sind die kleinen Kirchen und Kapellen auf der Insel, es sollen über tausend sein. Sie liegen teilweise auf unwegsamen Bergeshöhen oder in engen Schluchten, doch fast alle sind sie gepflegt und ebenso fast immer offen. Meist flackert vor der Ikonenwand im Inneren das eine oder andere Öllämpchen, vor und neben den Ikonen (billige Imitationen, schon wegen der Diebstahlsgefahr) hängen oft die kleinen silbernen Votivtäfelchen, die den Gegenstand der Bitte abbilden: ein Baby für den Kinderwunsch, ein Auge, ein Bein oder sonstiges Körperteil bei Krankheiten. Diese Votivtäfelchen sind übrigens für wenige Drachmen auf Märkten erhältlich (also bitte nicht aus den Kirchen klauen!). In vielen der Kirchen sind noch Fresken und Wandmalereien erhalten.

PicturesOG/ikono3.jpgUnd die kleinen „Puppenkirchen“, die „Ikonostássia“ oder „Mnemónia“, sieht man noch häufiger und in allen Variationen. Fast an jeder Wegkreuzung und an abgelegenen Pfaden stehen sie, oft brennt auch hier ein Öllämpchen vor dem Heiligenbild oder dem Bild eines Verwandten (z.B. tödlich im Verkehr verunglückt), immer wieder sieht man auch frischen Blumenschmuck – ein allgegenwärtiges, deutliches Sinnbild von Gottesglauben und Heiligenverehrung der Kreter. Denn diese Kirchlein werden fast immer von Privatleuten erbaut und „gewartet“. In einigen Läden z.B. bei Chaniá habe ich sogar schon „Fertigpuppenkirchen“ gesehen, die man nur noch kaufen, hintransportieren und aufstellen muss.

Auf der anderen Seite fehlt Nachwuchs für die Klöster. In einigen wohnen nur noch zwei bis drei Mönche oder Nonnen, andere stehen ganz leer und verfallen oder werden zu Touristenherbergen umgebaut.
Klöster und Kirchen dürfen und sollen nur in „schicklicher“ Kleidung betreten werden, das bedeutet lange Hosen und ein bekleideter Oberkörper für Männer und für die Frauen ein nicht zu kurzer Rock oder auch eine lange Hose (in einigen Klöstern hängen im Eingang Gästekutten, die der Besucher sich im Falle „unschicklicher Kleidung“ anziehen darf und muss. Außerdem sollte der weibliche Besucher die Vorschrift der orthodoxen Kirche respektieren, nach der Frauen das Betreten des Raumes hinter der Ikonenwand untersagt ist. Etwas Besonderes ist übrigens dahinter wirklich auch nicht zu sehen!

PicturesOG/ikono2.jpgSo allgegenwärtig die Vielzahl der Heiligen in Griechenland, so zahlreich auch die kleineren regionalen Feste zu den Namenstagen der jeweiligen „Dorfkirchenheiligen“. Deshalb kann und soll auf diese hier nicht näher eingegangen werden.
Unter dem Stichwort „Feiertage und Feste“ sind hingegen alle gesamtgriechischen bzw. -kretischen kirchlichen und weltlichen Festtage im Jahresablauf aufgeführt.