Auf den ersten Blick macht es sicher nicht viel her, dieses alteingesessene Kafenío an der Platía Emmanouíl Kóthri (gegenüber des Archäologischen Museums), auch wenn es offensichtlich gerade renoviert wurde. Eigentlich sitzen hier immer die gleichen Einheimischen und nur ganz selten mal ein Tourist wie ich. Dabei ist dies einer der spannendsten Plätze Ierápetras, wenn man den chaotischen Verkehr vor dem Lokal beobachtet, der keiner irgendwie gearteten Regelung zu folgen scheint.
Aber Touristen, die das Kafenío erst einmal entdeckt haben, die kommen wieder, denn auch der Magen kommt hier nicht zu kurz. Eine Flasche Mýthos kostete 2003 zwei Euro, aber sie kommt nicht allein. Als Rekord standen einmal fünf Tellerchen daneben: Tomaten, Gurken, Féta, Wurststückchen und Oliven auf dem einen, Pommes frites und gegrillte Wurststückchen auf dem zweiten, Zwieback auf dem dritten, ein gevierteltes hartgekochtes Ei mit Olivenöl auf dem vierten sowie eine Portion kleiner Keftedákia (Fleischbällchen) auf dem fünften.
Ganz nach dem Motto: Nach drei Bier bist du rundherum satt. Denn mit jeder Flasche bringt Tassos‘ Sohn auch wieder etwas zum Essen mit. Es gehört für mich schon zur Tradition, hier meine Mittage zu verbringen, wenn ich in Ierápetra bin. Man holt sich träge die nötige Bettschwere für den Mittagsschlaf (natürlich in der Cretan Villa) und isst sich nebenbei satt.
Als ich einer Freundin davon erzählte, die ganz woanders auf Kreta ein Lokal betreibt, war sie empört: „Wir können die das machen, da geht ja keiner mehr in den Restaurants essen!“ Ich frage mich manchmal auch, wie sie das finanziell hinkriegen. Und natürlich auch arbeitsmäßig, denn die Tellerchen sehen immer wieder adrett zubereitet aus … und selbst Sonderwünsche werden berücksichtigt: „Bitte heute keine Gurken …“ Dafür war es dann mehr Féta!