Die Hauptstraße Iráklion – Ágii Déka – Míres – Timbáki – Agía Galíni passiert nur etwa einen Kilometer hinter Ágii Déka die Ausgrabungen von Górtys. Hier auch die Abzweigung nach Léntas.
Górtys war zwar schon in minoischer Zeit besiedelt, aber bedeutungslos. Erst unter den Dorern wurde sie zu einem der mächtigeren Stadtstaaten, die Römer machten sie dann sogar zu ihrer kretischen Hauptstadt. Der biblischen oder sonstigen Überlieferung zufolge war auch der Apostel Paulus in Górtys. Die Christianisierung Kretas ging von hier aus. Einer der ersten Gefolgsleute des Apostels, der Heilige Titus (Ágios Títos), wurde später der erste christliche Bischof der Insel. Er war übrigens auch der Adressat von Paulus‘ Titusbrief.
Erst als die Araber die Insel von Süden her eroberten und Górtys sozusagen auf dem Weg nach Iráklion nebenbei mitnahmen, verlor die Stadt wieder völlig an Bedeutung.
Die Ausgrabungen liegen rechts und links der Straße, der bekanntere Teil von Ágii Déka aus gesehen rechts. Direkt hinter dem großen Parkplatz (der viel Platz bietet, aber dennoch oft völlig mit Reisebussen überfüllt ist) befindet sich das Hauptausgrabungsgelände, welches eingezäunt ist und Eintritt kostet. An einem kleinen Kiosk am Eingang kann man den einen oder anderen Führer erstehen.
Gleich links vom Eingang stehen die Überreste der Basilika des Heiligen Titus, des ersten Bischofs der Insel. Sein Haupt wird als Reliquie heute in der ihm geweihten Ágios-Títos-Kirche in Iráklion aufbewahrt. Der Kirchenbau in Górtys ist insofern besonders interessant, als er auf der einen Seite drei Apsiden statt nur einer Apsis aufweist (eine dreifache Hauptapsis und zwei kleinere Nebenapsiden – in der linken steht heute noch ein kleiner Altar mit einigen unechten Ikonen), andererseits aber durch weitere seitliche Apsiden eine Kreuzform erhielt. Der Schnittpunkt des Kreuzes war von einer Kuppel überdacht.
Wandert man von der Basilika weiter nach Norden, also von der Straße weg, überquert man die alte Agorá (den Marktplatz) von Górtys und erreicht das römische Odeon (2) mit der alten Stadtrechtsinschrift von Górtys im Hintergrund. Wenn nichts weiter los ist und der Wächter Zeit hat, schließt er das halbrunde Gebäude mit der Stadtrechtsinschrift auf, ansonsten reicht aber auch der Blick durch die Gitter auf diese griechische, in Stein gemeißelte Inschrift aus dem 5. Jahrhundert vor Christi. Sie ist inzwischen entziffert und enthält allerlei Bestimmungen bis hin zur Ahndung von Ehebruch. Interessant ist, dass sie geschrieben ist „wie der Ochse pflügt“, d. h. in jeder zweiten Zeile von rechts nach links und in Spiegelschrift.
Westlich des Odeons liegt ein kleines griechisches Theater (3), auf dem Berg darüber die alte Akrópolis (4). Diese gibt es nämlich nicht nur in Athen, das Wort „Akropolis“ heißt schlicht „Obere Stadt“. Oben findet man allerdings nicht mehr allzu viel vor.
Ein Stück links hinter der Stadtrechtsinschrift steht übrigens die Platane, unter der angeblich Zeus mit Europa den Mínos zeugte. Ich bin mir dessen allerdings weniger sicher, diese Platane müsste älter sein, als es je eine Platane vor oder nach ihr wurde. Beeindruckend ist sie allerdings und der Platz lädt ein, es Zeus nachzutun (falls man entsprechende Begleitung hat), doch der Ort ist heute nicht mehr menschenleer! Also lassen wir es besser.
Verlässt man das eingezäunte Gelände wieder, liegt links am Kiosk vorbei ein Stück von der Straße entfernt ein kleines Museum, in dem ein paar interessante Statuen ausgestellt sind, die hier in Górtys gefunden wurden; außerdem Fotos aus der Zeit der Ausgrabungen, die die Arbeiten zeigen.
Weitläufiger ist das Ausgrabungsgelände auf der anderen Seite der Straße und jedenfalls mehr zu empfehlen als der Aufstieg auf die Akrópolis. Verstreut in den Olivenhainen finden sich kleinere Ausgrabungsfunde, es könnten viel mehr sein, aber die meisten antiken Steine der Stadt finden sich heute in irgendwelchen Hausmauern von Ágii Déka wieder.
Entweder man folgt dem Pfad, der ungefähr am Ortsschild „Górtys“ von der Hauptstraße abzweigt, nach Süden, oder man läuft erst ein Stückchen die Straße nach Léntas hinein und wendet sich dann nach links. Eine Reihenfolge kann und will ich hier nicht empfehlen, in Erläuterung zum Plan hier nur kurz die wichtigsten Angaben:
(5) Heiligtum der ägyptischen Gottheiten Isis und Serapis,
(6) Tempel des Apollon Pythios
(7) kleines Theater, zum Tempel gehörend,
(8) römisches Prätorium,
(9) Thermen (Warmwasserbadeanstalt),
(10) Reste einer frühbyzantinischen Basilika,
(11) wahrscheinlich auch Thermen.
(12) römisches Theater.
Wer hier durch die Olivenhaine gewandert ist, wird mir zustimmen, nirgendwo sonst auf Kreta kann man in Ausgrabungen solche Ruhe und Beschaulichkeit erleben.
Öffentliche Verkehrsmittel
Jeder Bus, der diese Hauptstrecke (siehe oben) befährt, hält bei Bedarf.