Litóchoro – schon vertraut, aber wieder ganz anders …
Ich vergaß zu erwähnen, dass ich schon wenige Kilometer hinter der griechischen Grenze einen wahren „Kulturschock“ erlebte. Ich hatte den Mädels doch während der Fahrt eine ganze Menge aus dem letzten Jahr erzählt, und wir urig ich Griechenland erlebt hatte. Und dann das: Im ersten Dorf hinter der Grenze auf der rechten Straßenseite … eine Pizzeria!
Ich überprüfte mein Navi, ob wir vielleicht versehentlich ins falsche Land gefahren waren, aber es beharrte darauf, dass hier Griechenland war. Och ne … ich fahre doch nicht nach Griechenland, um Pizza zu essen!
Egal, kommen wir zurück auf Litochoro … „meine“ kleine Souvlakibraterei war noch vorhanden und wir kehrten natürlich dort als erstes ein. Ich hatte oben am Dorfplatz geparkt und war dann demonstrativ Hand in Hand mit den drei Damen in rot, orange und grün Hand in Hand die Hauptstraße hinunter spaziert, ich konnte es nicht lassen. Die Blicke der Einheimischen schmeichelten mir, denn alle drei konnten sich wie gesagt wirklich sehr gut sehen lassen.
Der alte Besitzer des Souvlatzidiko und seine Frau erkannten mich zu meiner Überraschung sofort wieder, eine Überraschung, die ich in Griechenland in den Folgejahren immer wieder erlebte.
Griechen im Allgemeinen und Kreter im Besonderen haben wohl ein besonderes Gen dafür, jemanden wieder zu erkennen, ich bin sicher, ich bin nicht der Einzige, der diese Erfahrung gemacht hat. Mein Griechisch war in diesem Jahr nicht besser geworden, aber Worte wie Souvlaki, Retsina etc. hatte ich behalten. So klappte die Bestellung reibungslos, selbst Konversation fand irgendwie statt … keiner verstand den anderen verbal so richtig, aber man verstand sich schon.
Die Damen waren sehr angetan und ich auch, denn dieses Mal vertilgten wir noch ein paar sehr leckere Souvlaki mehr als im Jahr zuvor … übrigens legten die Mädels trotz all der reichhaltigen Nahrung in diesem Urlaub – ja, diesmal war es ein Urlaub – nicht zu, sie waren und blieben eine wahre Augenweide. Und man möge mir nicht böse sein, ich genoss es.
Während wir aßen, klärten wir untereinander auch die Übernachtungsfrage. Keine von ihnen bestand auf einem Zimmer, wir würden abends wieder zum Meer hinunter fahren, um uns unter freiem Himmel von den nahen Wellen in den Schlaf wiegen zu lassen.
Vorher aber wollten wir noch etwas erleben.
Also wanderten wir nach dem reichhaltigen Essen wieder Hand in Hand die Dorfstraße hinunter. Erwähnte ich schon, dass es in Litóchoro eine große Kaserne gab oder noch gibt? Jedenfalls waren auf der Straße und in den Lokalen überdurchschnittlich viele junge Soldaten vertreten … und die verdrehten sich natürlich nach uns – weniger nach mir – den Kopf. Im letzten Lokal unten rechts kehrten wir dann ein (ja, wer jetzt alles mitbekommen hat, der weiß, es war gleichzeitig das erste Lokal unten links vom letzten Jahr). Hier hatte sich doch einiges verändert. Vor allen Dingen gab es jetzt eine Zwei-Mann-Kapelle, die mit Hammondorgel und Schlagzeug so ziemlich alles durchnudelte, was damals in Griechenland gerade so en vogue war.
Der größte Teil der Gäste waren auch hier Soldaten. Und so saßen wir schon nach etwa 20 Minuten mit etwa zehn von ihnen an einem Tisch. Wann hatten sie denn hier schon mal so charmante Gesellschaft? Ich wiederhole mich, wenn ich schreibe, meine drei Begleiterinnen waren wirklich weitaus mehr als einen Blick wert. Meine Susi war ein 180 cm großes schwarzhaariges Rasseweib mit einem Mund wie Angela Jolie, Schornie war zwar etwas kleiner, aber hübsch proportioniert und dunkelblond, und meine Schwester … na ja, die sah etwa so aus wie ich damals, allerdings trug sie keinen Bart.
Da die jungen Soldaten alle Englisch konnten, klappte auch die Konversation. Und eines musste man den Jungs lassen: Sie waren wirklich nett und höflich, vielleicht auch deshalb, weil wir nicht erkennen ließen, wer denn nun im Endeffekt wirklich zu mir gehörte. Es machte uns Spaß und augenscheinlich ihnen auch.
Irgendwann im Laufe des Abends schlug einer von ihnen vor, uns doch am nächsten Mittag ein Lokal zu zeigen, das kaum ein Tourist kennen würde. Eine ganz kurze Absprache mit den Damen ergab, dass keine etwas gegen einen weiteren Tag in Litóchoro hatte, also sagten wir zu und verabredeten uns für den frühen Nachmittag im gleichen Lokal.
Den ganzen Morgen plantschten wir im Meer, es wurde heißer und heißer. Die Mädels zeigten von Stunde zu Stunde weniger Interesse, den doch relativ erfrischenden Fleck am Meer gegen eine Taverne auf den heißen Bergen einzutauschen, aber da war der „Reiseleiter“ unerbittlich:
„Soll ich da alleine hochfahren? Wegen mir wollen sie uns das Lokal doch nicht zeigen! Die wollen mit euch flirten.“
Das leuchtete allen ein und nach einem letzten erfrischenden Bad zogen wir uns wieder unsere Einheitshemden an (die wir übrigens täglich wuschen oder zumindest einmal durchs Wasser zogen). Ich musterte die Truppe wie immer voller Stolz …und ab ging es.
Man erwartete uns bereits. Vier junge Uniformierte strahlten uns entgegen, als wir vor fuhren. Sie hatten sich sogar einen Militärjeep ausgeborgt, in dem sie uns nun voran fuhren. Es ging immer nach oben: Über den Dorfplatz und vorbei am Friedhof. Und dann waren wir da. So ein Lokal habe ich seitdem nicht mehr gesehen … Eine winzig kleine Steinhütte auf einem großen ebenen Platz, der von mehreren Bächen durchflossen wurde, die vom Olymp kamen. Und das ganze unter mächtigen Platanen. Es war hier etwa zehn Grad kühler als unten am Meer, die Temperatur konnte man nicht anders als „ausgesprochen“ angenehm beschreiben Über die Bäche führten Miniaturholzbrückchen und überall waren kleine Wasserräder eingehängt, die meisten mit Glöckchen versehen. Sie machten an diesem sonst so ruhigen Ort einen Höllenlärm.
Das war aber fast das einzige Unangenehme an diesem fast idyllischen Ort. Wir aßen herrliche Salate mit ganz viel Käse und fühlten uns nur wohl. Die Soldaten freuten sich an unserer charmanten Gesellschaft. Nur der Wirt war das andere Unangenehme: Er hatte wohl selten so hübschen Besuch und benahm sich wie ein läufiger Hund. Nun, die Mädels wussten ihn in die Schranken zu weisen und so gab es keinen größeren Ärger. Ich habe diese Oase übrigens später noch öfter besucht, in wechselnder Begleitung, aber der „Schmuddelzwerg“ versuchte es irgendwie immer wieder. Aber immer wieder ohne Erfolg.
Eines war mir klar: Ohne meine Damen und die damit verbundenen Kontakte hätte ich dieses Lokal im Leben nicht entdeckt.
Nach einem langen und sehr erfrischenden Nachmittag verabschiedeten wir uns von unseren neuen Freunden … und ich wusste genau, wie sehr sie mich beneideten, dass ich am nächsten Morgen Richtung Piräus aufbrechen durfte, während sie weiter in ihrer Kaserne schwitzen mussten. Sie waren aber allesamt wirklich lieb und nett …