Es gehört sicherlich zu den Höhepunkten eines Kreta-Besuches, den Psilorítis, den höchsten Gipfel des Ida-Gebirges, zu besteigen. Jener allgegenwärtige Berg, der auf den Menschen in jahrtausendealter Gelassenheit herabschaut, verlockt förmlich dazu, diese Insel einmal selbst von oben zu sehen. Er fordert dafür nur ein wenig Unbequemlichkeit und Ausdauer. Immerhin ist das Ida-Gebirge das höchste der Insel und der Psiloritis misst stolze 2456 Meter.
Am einfachsten ist er von Anógia aus zu besteigen bzw. zu erwandern (außerdem noch von Kamáres aus).
Bis zur Ida-Höhle (Idaéon Ándron)
Am Ortseingang von Anógia von Iráklion aus biegt die Zufahrt zur Nída-Hochebene links ab. Sie ist inzwischen komplett und ziemlich ordentlich asphaltiert. Die Straße endet bei einem Touristenpavillon mit angeschlossener Taverne und Gästehaus (nur im Sommer geöffnet, dann stehen auch einige Betten zur Verfügung) unterhalb der Ida-Höhle (Idaéon Ándron), in der der Mythologie zufolge Rhea ihren soeben geborenen Sohn Zeus vor seinem gefräßigen Vater versteckte. In der Höhle selbst liegen heute allerdings keine Windeln mehr herum, darüber hinaus ist sie oft wegen archäologischer Ausgrabungen für den Publikumsverkehr gesperrt.
Von der Höhle aus ist auch der „Antártis“ (der Partisan) zu sehen, ein 32 x 9 Meter großes „liegendes“ Monument für den Frieden. Er liegt hier schon seit Anfang der 90er Jahre, erbaut oder gestaltet von der deutschen Künstlerin Karina Raeck. Die Einheimischen haben allerdings tatkräftig geholfen, denn allein hätte sie die großen Felsbrocken nicht bewegen können, die die Figur bilden. Sie wurden aus der ganzen Ebene herangeschafft und dicht an dicht in den Boden eingelassen. Angeblich lagen hier in der Nída-Ebene so viele Felsbrocken herum, weil die Bewohner Anógias diese hier verteilt hatten, damit keine deutschen Flugzeuge während Krieg und Besatzungszeit landen konnten. Nun dienen sie einem friedlicheren Zweck, denn das Monument soll es nicht nur sein, sondern ist es auch: ein Symbol der Versöhnung und der Verzeihung für das deutsche Wehrmachtsverbrechen in Anógia.
Und nun auf den Gipfel
Es sei hier angemerkt: Der Aufstieg zum Psilorítis-Gipfel verlangt keine bergsteigerischen Fähigkeiten, ein berggeübter Wanderer sollte bzw. muss man aber sein, wenn man von hier aus gesund und munter auf Kreta herabschauen will. Das gute Schuhwerk braucht wohl kaum extra erwähnt zu werden.
Vom Touristenpavillon geht es zunächst bis zu einer kleineren Kirche in westlicher Richtung. Bei dieser wendet man sich nach links und steigt in südlicher Richtung halbschräg den Hang hinauf, bis man auf eine Rinne stößt, der man weiter bergan folgt, bis man einen Sattel erreicht. Von diesem aus sieht man in eine weitere Rinne hinein, die nach Nordwesten hin ansteigt. Um sie zu erreichen, muss man zuerst ein Stück wieder hinabsteigen. Dann geht es immer in eben dieser Rinne bergan (rechts biegt noch eine kleinere ab, die man ignoriert).
Ungefähr auf halber Strecke ein Trichter, den man rechterhand umgeht (immer an der Wand bzw. am Rand lang). Da wo man auf den Trichter trifft und da, wo man wieder hinaus muss (sowie an vielen anderen Stellen der Route), trifft der Wanderer auf Farbmarkierungen des irakliotischen Bergsteigervereins, die zum Gipfel weisen (meist in roter Farbe) und auf kleine „Steinmännchen“.
Am Ende der Rinne erreicht man einen zweiten Sattel. Erst von hier aus ist der eigentliche Gipfel zu sehen (Tímios Stavrós). Und je nachdem, wie viel Kondition der Wanderer noch hat, braucht er von hier aus noch etwa eine halbe bis ganze Stunde.
Auf dem Gipfel steht eine Steinhütte, deren eine Hälfte als Kapelle, die andere Hälfte als Übernachtungsmöglichkeit gedacht ist. Der Aufstieg hat sich gelohnt, denn der Ausblick ist unvergleichlich. Westlich der Hütte befindet sich eine Zisterne, die allerdings nur der nutzen kann, der einen Bindfaden mit Dose dabei hat.
Hinunter geht es auf dem selben Weg, zumindest dann, wenn unten der Wagen wartet, man kann von hier aus aber auch nach Kamáres hinuntersteigen. Dazu biegt man am unteren Ende der oberen Rinne nach Süden (also rechts) ab und hält sich immer talwärts.