"Neugriechisch ist gar nicht so schwer"?

„Neugriechisch ist gar nicht so schwer“?

Ist Neugriechisch eigentlich schwer? Nein, sicher nicht, denn jeder kann es ja … sollte man zumindest meinen, wenn schon jeder Kreta-Liebhaber auf seiner Seite Sprachführer etc. anbietet. Also, machen wir in der Unterweisung in die griechische Sprache hiermit weiter. Aber Vorsicht ist schon geboten! Denn fast alles an der folgenden Geschichte ist wahr, nur verwenden sollte man es doch besser so nicht (was analog auch für manchen ernst gemeinten Sprachtipp anderswo gilt).

Dies ist die Geschichte einer guten Bekannten von mir, die durchaus sehr brauchbare Marginal-Kenntnisse der griechischen Sprache aufweisen konnte. Für den Urlaub reichte es allemal. Und sie war neben dieser Eloquenz auch noch ausgesprochen hübsch. Es kam, was kommen musste. Sie verliebte sich in einen ebenso schönen Kreter. Zwar waren seine Eltern kategorisch dagegen, da sie erstens knapp 10 Jahre älter war als er und zweitens längst eine gute einheimische Partie für ihn angedacht war, doch wen kümmert das, wenn die Liebe zuschlägt. Deswegen ist die Story aus der Sicht der Mutter erzählt.

Die hübsche Deutsche zog also zu ihm auf die Insel (der Name des Ortes wird hier bewusst verschwiegen). Nennen wir sie im folgenden Karin und ihn Jannis. Und freuen wir uns über die netten Blüten, die eine Fremdsprache hervorbringen kann. Nun aber genug der Vorrede, jetzt beginnt die Geschichte:

Im Lokal ist heute wirklich viel Betrieb. Jannis rennt ständig rein und raus. Jannis hier, Jannis da! Wir haben ja noch den Kellner, aber es ist ja überall so, man will den Chef sehen. Und er ist ein guter Chef, mein Jannis. Er hat den Laden im Griff, die Gäste lieben ihn. Er wird es zu etwas bringen, sicherlich. Wenn er nur nicht auf diese blödsinnige Idee mit dieser „Germanida“ gekommen wäre. Gut, er scheint total in sie verliebt zu sein, das merkt man als Mutter schließlich, und sie ist ja auch nett und gibt sich Mühe mit ihm und den Gästen. Und im Augenblick hilft sie ja auch hinter dem Tresen und das sehr ordentlich. Aber was will er mit einer, die nicht von hier ist. Das kann doch auf Dauer nicht gut gehen, Liebe reicht nicht, um über Jahre im Alltag zu bestehen. Ich lache mich ständig kaputt, wenn sie anfängt, Griechisch zu sprechen. Sie gibt sich auch da Mühe, aber manchmal ist es doch zu komisch, was dabei herauskommt. Moment mal, sie ruft mich gerade!

Ja, Karíni mou, was gibt’s. In welchem großen Bett? Wieso haben wir im Bett Gäste? Ach, du meinst, an dem großen Tisch da drüben. Der Wein ist für die? Ja, ja, ich sage es weiter!“
Wissen Sie, das war jetzt so ein Beispiel. Sie hat doch eben gesagt: „Avtó to krasí íine jia tous pelátes sto megálo kreváti!“ Aber sie hat eigentlich „trápesi“ sagen wollen. Sehen Sie, das habe ich gemeint. Am Anfang ist das sicher sehr charmant. So eine nette Touristin, blond und durchaus hübsch, klar, dass da mein Jánnis … er ist ja schließlich ein Mann. Und was für einer. Den wollen hier alle haben. Und es gäbe ja so viele gute Frauen für ihn. Wenn ich da nur an Charoúla denke. Das wäre eine Frau für ihn. Er würde eine Menge Ländereien heiraten und eine gute Ehefrau. Na ja, sie ist ein bisschen stämmig geraten. Aber dann steht sie wenigstens gesund auf ihren Beinen, wenn sie seine Kinder unter dem Herzen trägt. Diese Deutsche mit ihren schmalen Hüften …

Wissen Sie, ich muss Ihnen einfach noch ein paar Sachen erzählen, die ich aus dem Dorf gehört habe. Vorgestern ist sie doch morgens einkaufen gewesen, ist strahlend durch den Ort geschlendert und hat nach rechts und links gegrüßt: „Kalamári … kalamári!“ Erst hat keiner verstanden, warum sie herumgeht und freundlich „Tintenfisch“ zu allen sagt. Bis der alte Manólis meinte: „Kann es sein, dass sie ‚Kaliméra‘ meint?“
Das macht Sinn, haben sie gesagt und gelacht.
„Guten Tag“ wollte sie uns sagen, „guten Tag“ und nicht „Tintenfisch“! Sind sie nicht lustig, die Fremden?

Wissen Sie, das war ja noch richtig harmlos. Mein Jánnis hat mir neulich aber erzählt, was bei Jórgos im Kafenío passiert ist. Erst ist es ihm ja unangenehm gewesen, aber dann musste er lachen, hat er gesagt. Ist sie nicht süß, Mama, hat er gesagt. Ist sie nicht süß? Sie war da nämlich, um einen Kaffee zu trinken. Ich frage Sie, was hat eine Frau im Kafenío zu suchen? Da gehen doch nur die Männer hin. Jánnis hat das nicht gestört, dass sie da war, aber er konnte es mir vor lauter Lachen kaum erzählen. Also, ich finde die Geschichte eher peinlich!
Also, sie sitzt da am Tisch und trinkt ihren Kaffee und ein paar Männer sitzen da auch. Und sie bewundert den Vogel, den Jórgos im Käfig hat. „Ómorfo poulí!“ sagt sie. Und da fingen die ersten von diesen verdammten Kerlen schon an zu grinsen. Ich erkläre es ja nicht gerne, aber „poulí“ heißt zwar Vogel, aber das Wort bedeutet auch etwas anderes, nämlich das, was alle Männer haben, auch mein Jánnis. Und wie die Geschichte weiter ging, das war eigentlich gemein von den Männern, das konnte sie ja wirklich nicht wissen, oder!
Also fragt einer: „Sou aresi to pouli?“ (Anm. des Übers. „Gefällt dir der …?“). Und die Arme nickt. Und dann fragt er weiter: „O Jánnis échi poulí ke avtós?“ (Anm. d. Übers. „Hat Jannis auch einen …“)
Und sie nickt, weil sie weiß, daß mein Jannis ja auch einen Käfig hat, sogar mit zwei Vögelchen drin.
„Ne, dhío échi!“ (Anm. d. Übers. „Ja, er hat zwei!“).
Oh oh, da war das Gelächter groß. Und am nächsten Tag haben sie meinen Jánnis alle aufgezogen. „O Jánnis me ta dió pouliá“ haben sie ihn genannt. Er hat nur gelacht, weil so ist die Liebe eben. Aber ich fand das ja sooo peinlich. Und das geht jetzt schon seit einer Woche so!
Ja Jánni, was ist? Oh, ich muss vorne noch etwas helfen. Vielleicht erzähle ich Ihnen beim nächsten Mal mehr. Vorerst aber hoffe ich, dass Jannis sich wieder besinnt. Und wenn er zwei hätte … ich müsste das doch wissen, oder?