Kapsás (Kloster)

Kapsás (Kloster)

Eines der schönsten Klöster Kretas liegt im äußersten Südosten. Man biegt von der Straße Ierápetra-Sitía in der Nähe des Dorfes Pilalímata ab (ausgeschildert!) und folgt der Schotterpiste an der Südküste entlang nach Osten.

PicturesOG/kapsa-kloster1_gwg2.jpgDas Kloster klebt wie ein Schwalbennest verschachtelt am Felsen, seine weiß gekalkten Außenwände wirken in der wilden Umgebung wie ein strahlender Farbtupfer. Es stammt aus dem 15. Jahrhundert, wurde aber von den Türken völlig zerstört und erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wieder in der heutigen Form aufgebaut. Den Wiederaufbau verdankt das Kloster einem Kreter namens Ioánnis Gerontogiánnis, der im Kloster geboren wurde. Dieser war ursprünglich weder Mönch noch Geistlicher, sondern ein ganz „normaler Mensch“, der wie die Überlieferung erzählt, durch „ein göttliches Wunder“ eines Tages nach einem langen, bewusstlosen Schlaf plötzlich selbst solche (Wunder) vollbringen konnte, wie z.B. Kranke zu heilen, oder Salz- in Süßwasser zu verwandeln. Diese seine neue Fähigkeit bekehrte ihn, und er beschloß, Mönch zu werden und sein Geburtskloster wieder aufzubauen. Da er durch seine Wundertaten sehr bekannt geworden war, fand er reichlich finanzielle wie auch arbeitskräftige Unterstützung, so dass der Wiederaufbau recht schnell beendet war.

So kam es, dass später ein fast ununterbrochener Andrang von Besuchern auf das Kloster herrschte, was den türkischen Besatzern wenig gefiel. Sie nahmen den Mönch in Arrest, ließen ihn aber später wieder frei, ohne ihm etwas anzutun. Der Legende zufolge verbrachte er seine letzten Lebensjahre betend in einer Höhle, die oberhalb der Klosterkirche liegt und wegen ihres doppelten Einganges ein wenig an einen Totenschädel erinnert. Auch auf dem Höhlenboden finden sich zwei Aushöhlungen, die man für die Abdrücke der Knie des Gerontogiánnis hält (er soll ständig an der gleichen Stelle gekniet und gebetet haben, das kann jeden Stein zermürben). Vielleicht ist das alles aber nur genau so geschicktes Marketing, wie manche Leute es auch bei diesen seltsamen „langen, bewusstlosen Schlaf“ vermuten.

Inzwischen leben hier nur noch ein Mönch und eine Nonne (?), das Kloster kann täglich von 9.00 bis 12.30 Uhr und 15.30 bis 19.00 Uhr besichtigt werden. Wie überall, so ist auch hier „sittsame Kleidung“ zum Betreten des Klosters vorgeschrieben.

PicturesOG/kapsa-kloster2_gwg2.jpgAber gerade weil Klöster wie Kapsás so abgeschieden sind, kann man wirklich interessante Begegnungen in ihnen erleben: Wir stiegen die steile Treppe zum Kirchenvorplatz hinauf und wollten als erstes einmal den Blick von diesem Schwalbennest hinunter genießen, als uns der Mönch in die Kirche winkte. Er bekam schnell heraus, dass ich Griechisch spreche und war deshalb tatsächlich sehr dankbar über meine Ankunft. In der Kirche befanden sich außer uns nämlich zwei jüngere Pärchen aus der Schweiz, denen er gerade mühsam versucht hatte, die besonderen Reliquien des Klosters zu erklären. Irgendwie wohl vergeblich, deshalb erzählte er mir alles noch einmal und ich durfte dolmetschen. Eine besonders große Ikone zeigt den Heiligen und daneben kleiner seine Wundertaten: z. B seine Überfahrt auf einem kleinen Holzbrett zur Insel Koufonísi oder wie er für (seine) Kinder Meerwasser in trinkbares Süßwasser verwandelte. Außerdem ist der Heilige in seiner Höhle abgebildet, in der er oberhalb des Klosters wohnte, eine Abbildung des Klosters und links in der Mitte seine Grablegung.

In einem reich verzierten silbernen Kasten wird (angeblich) sein Schädel aufbewahrt. Ein Schädel jedenfalls ist darin, denn der Mönch hebt dramatisch ein Tuch hoch, welches auf der Schachtel liegt: Ein kreisrunder Ausschnitt gewährt den Blick auf ein Stückchen der Schädelplatte.

Nicht oft scheint dem frommen Bewohner des Klosters vergönnt, gleichzeitig drei einigermaßen kräftige Herren zu Besuch zu haben, denn er spannte uns sogleich anschließend dafür ein, seinen ziemlich schweren Motorkultivator (nennt man das so?), mit dem er die winzigen Felder unterhalb des Klosters umpflügt, mit ihm zusammen über zwei sehr eng zusammenstehende Felsen zu hieven. Alleine hätte er ihn nie bis zu diesem hintersten Feld schaffen können. Beim nächsten Mal dürfen wir zur Belohnung die dort angebauten Erbsen mit ihm zusammen essen. Vielleicht nehme ich ihn einmal beim Wort. Aber ich frage mich, ob er schnell genug wieder jemanden gefunden hat, der das Gerät zurück nach vorn schaffen half.

Ein Erlebnis, von dem ich nur deshalb hier erzähle, weil es deutlich aufzeigt, wie die in geistlicher Abgeschiedenheit lebenden orthodoxen Mönche auch praktisch und weltlich denken (müssen). Und übrigens auch ein Beispiel, das keinen Einzelfall darstellt, denn aufgrund meiner Beschreibung gab es bereits eine Reaktion, so etwas ähnliches habe man hier auch schon erlebt. Dieser Mönch – und er möge noch lange leben, denn er ist nicht so sehr alt – steht einfach voll im Leben. Z. B erzählte er mir auch, dass er jeden Abend auf seinem Kurzwellenempfänger die Sendungen der Deutschen Welle höre.

Unweit des Klosters beginnt die Perivolákia-Schlucht (auch unter dem Namen Kapsás-Schlucht bekannt).