Stattdessen hielten wir leider schon am Dorfplatz an und setzten uns in die einzige dort vorhandene Metzgereitaverne. „Leider“ nur, was den Eindruck betraf, den ich bei dieser Einkehr machte, denn das Lokal war im Endeffekt sehr gut. Wir waren dort übrigens die einzigen Touristen.
Ich bestellte Souvláki, was der Wirt mit einem bedauernden Schulterzucken verneinte. Alle weiteren Versuche, mich ihm verständlich zu machen, scheiterten kläglich. Er verstand weder Englisch noch Deutsch und ich kannte die Speisen nicht, die er mir auf Griechisch offerierte. Es gab natürlich auch keine Wärmetheke, so dass ich irgendwo drauf hätte zeigen können, es war ja eine Taverne und sein Fleisch hing im Kühlraum.
Es war mir entsetzlich peinlich, dass ich zum Schluss einen Sprachführer hervorziehen musste – zum Glück konnte der Wirt lesen – und es zwar zu einer befriedigenden Mahlzeit kam, aber leider auch zu einigen spöttischen Blicken und dezenten Bemerkungen meiner frischen Geliebten. Ich versank für Wochen im Boden und beschloss dann später, als ich wieder über die Grasnabe schauen konnte, zusammen mit ihr: „Nun werden Nägel mit Köpfen gemacht, wir lernen richtig Griechisch!“
Und so war es im Oktober 1976, dass wir zum ersten Mal an der Kölner Uni vor Hans Eideneier saßen, inmitten von ca. 40 weiteren Sprachanfängern und wir haben es durchgehalten. Natürlich machen wir beide noch Fehler, aber wir können uns schon recht gut verständigen und auch durchaus sachbezogene Diskussionen führen.
Am nächsten Morgen widmeten wir uns nach der wiederum am Strand verbrachten Nacht sehr ausführlich der Körperpflege, denn wir hatten unterhalb (!) einer Viehtränke ein weiteres Süßwasserbecken entdeckt, in dem es sich trefflich baden ließ. Leider darf ich die Bilder der Grazien und der Faxen machenden Herren hier nicht veröffentlichen.
Sei es wie es sei, wir fuhren gegen Mittag die paar Kilometer nach Piräus weiter, erstanden die Tickets und gingen früh an Bord. Ebenfalls traditionsgemäß hatten wir alles für den Schweizer Wurstsalat dabei, die Damen schnibbelten und tranken, während die Herren eigentlich nur tranken und die Sauce anrührten. Auf einem der angefügten Fotos sieht man, dass man für das Anrühren nur eine Hand braucht.
Da damals viele PKWs immer noch auf dem Oberdeck standen, wenn auch ein Deck tiefer als wir, gelang mir ein lustiges Bild einer „Kälberkutsche“, aus der entweder einige entkommen oder vorübergehend zum „Grasen“ auf Deck freigelassen worden waren.
Irgendwann rollten wir uns in die Schlafsäcke … am nächsten Morgen würde wieder das „Kyani Akti“ bei Kalýves unser Ziel sein, denn das war immer noch einer der schönsten Plätze für mich, um auf Kreta erst einmal anzukommen und sich ein paar Tage zu akklimatisieren.
Gegen halb sieben Uhr lief die Fähre in die Souda-Bucht ein. Wir waren natürlich längst auf und bewunderten die majestätischen weißen Berge im Licht der aufgehenden Sonne. Yvonne und Ulrike waren frech wie Oskar wie schon am Vorabend in der 2. Klasse duschen gegangen. Ich erwähnte ja bereits, dass Yvonne immer eine gute Waschgelegenheit fand. Aber sie berichteten, dass sowohl die Duschen als auch die Toiletten sich jetzt am Morgen in einem ziemlich erbarmungswürdigen Zustand befanden.
Ich zeigte meinen Gefährten das Fort Izzedine und erklärte ihnen, dass wir dorthin fahren würden. Die Blamage von vorgestern gehörte der Vergangenheit an und ich gab wieder den erfahrenen Reiseleiter.
Wir hatten den Käfer günstig geparkt, da wir recht früh auf die Fähre gefahren waren und mussten uns also nicht besonders beeilen, in den Laderaum hinter zu steigen. Erst als das Schiff fest vertäut am Kai lag, packten wir unsere Siebensachen zusammen und machten uns auf.
Bis zum Kyani Akti und Kalýves sind es von Soúda aus nur wenige Kilometer. Wir kamen also zur besten Frühstückszeit an. Ich hatte die anderen aber schon vorgewarnt, dass sie mit einem mitteleuropäischen Frühstück nicht rechnen durften. Immerhin gab es Frappé … die Männer hielten sich schon wieder an Retsína. Ein großer Bauernsalat, zwei Portionen Féta mit „ládhi ke rígani“, Oliven und Brot … wir ließen es uns gut gehen. Die Familie erkannte mich wieder – dafür haben die Kreter und Griechen wie schon mal erwähnt ein besonderes Talent – und begrüßte uns entsprechend freundlich.
Dann wollten die Damen natürlich baden. Dies bereitet am Kyani Akti besonderes Vergnügen, da neben dem Meer auch noch der eiskalte Süßwasserfluss Kíliaris lockt. In diesem Jahr war er so ausgebaggert worden, dass er parallel zum Meer über den Strand floss, man musste also hindurch, um ins und aus dem Meer zu kommen. Heute verläuft er anders!
Das war ganz herrlich, denn beim Hineingehen schwamm bzw. watete man zuerst durch den kalten Fluss, um dann das wesentlich wärmere Meer wie eine Badewanne zu empfinden. Und auf dem Rückweg tauchte man einmal hindurch und war salzfrei … und sehr erfrischt.
Zudem gab und gibt es noch eine Außendusche, die Hygienemöglichkeiten waren also perfekt.
Das Schilfdach, unter dem noch vor ein paar Jahren unser Tempo Matador geparkt hatte gab es leider nicht mehr, so hatten wir eben keinen Schatten für das Auto, aber das war auch nicht weiter schlimm.
Wir blieben drei Tage dort, schliefen natürlich am Strand, denn eine andere Möglichkeit gab es nicht (das erste Zimmer, das ich auf Kreta gemietet habe, war meiner Erinnerung nach 1979 – und das auch nur, weil es Frühjahr war und wir am Strand von einem ekelhaften Dauerregen überrascht wurden … eine andere Geschichte! Und wir aßen und tranken eine Menge, natürlich immer nur im Lokal, das für mich nach wie vor eines der allerbesten Kretas ist. Keine sehr große Speisekarte, aber ich habe dort mehrere hundert Male gegessen und nicht einmal (!) hat es meinen Mitreisenden oder mir nicht hervorragend geschmeckt.
Dann zog es uns aber wieder weiter. Wir fuhren nach Paleóchora, wo wir aber nicht lange blieben, da es recht windig war … (erst im nächsten Jahr sollte es ein längerer Aufenthalt werden).