Mália

Mália ist das absolute Nonplusultra an touristischer Erschließung, um es einmal sehr vorsichtig auszudrücken. Ein Ort, den ich am liebsten ganz verschwiegen hätte, aber es gibt mehrere Gründe, warum das nicht geht – die Ausgrabungen des minoischen Palastes unweit des Ortes sind nur einer davon, wie Sie feststellen werden. Kritische Worte sind aber meines Erachtens nach absolut notwendig.

Vor knapp 25 Jahren stand hier noch ein kleines Straßendorf mit einer Stichstraße zum Meer hinunter, die über freies Feld führte. Zwei Hotels gab es unten am Strand, ich erinnere mich noch sehr gut daran. Nicht zuletzt dank dieses wirklich schönen Strandes und der kurzen Transferzeit von Iráklion hierher hat sich der Ort allerdings schnell zu einem der absoluten Zentren des pauschalen Tourismus entwickelt. Und wem es mehr oder weniger gleichgültig ist, welche Sonne seinen Bauch oder Busen bräunt, und wer darüber hinaus auf eine vielseitige Möglichkeit der Abendunterhaltung wert legt, der ist in Mália wahrscheinlich sogar gut aufgehoben, vor allen Dingen, wenn er Engländer ist. Denn diese haben den Ort recht fest in Beschlag genommen, allerdings nicht die angenehmen, die man anderswo treffen kann, sondern nur eine sehr spezielle Klientel, der es offensichtlich um Alkohol- und Drogenkonsum und Krawall ankommt, sorry!

Die ehemals durchs freie Land führende Stichstraße zum Meer ist inzwischen zum Ku-Damm Kretas geworden, rechts und links vollkommen zugebaut, Hotels, Nachtclubs, Bars, Diskotheken, Schnellimbisse und Restaurants wechseln einander ab, einzig unterbrochen wird ihre Reihe durch diverse Souvenirshops.

Dazu zitiere ich Paul Batt, der mir im Oktober 2002 eine Mail schickte, in der auch dieser Text stand (wenn ich ihn im folgenden noch einmal wörtlich zitiere, kürze ich ihn -PB- ab):
„Ich würde Mália vor allem als das Nonplusultra an billig-touristischer Erschließung bezeichnen. Schon die benachbarten Orte Stalída und Chersónissos legen etwas mehr Wert auf Niveau und Qualität. Mália ist nämlich inzwischen fest in britischer Hand, und man bekommt alle dreißig Meter ein garantiert englisches Frühstück bis nachmittags um 16 Uhr. Der Ort ist vor allem geeignet für Personen, die immer irgendwie auch ohne Schlaf, ohne Geld und auch ohne jeden Geschmack auskommen.“
Na ja!

Nur wenige der Reisenden, die hier ihren Urlaub verbringen, entdecken, dass es tatsächlich immer noch ein altes Dorf namens Mália gibt, nämlich südlich der Durchgangsstraße (d.h. landeinwärts). Bis hierher ist der Tourismus noch kaum (oder nur bedingt) geschwappt, man kann durch die Gassen ein Stück den Hügel hinaufwandern und so den ganzen Trubel einfach hinter sich lassen, wenn man denn möchte. Und dieses alte Dorf ist zum Glück auch noch ein Fluchtpunkt für die Einheimischen vor den Touristenmassen auf der anderen Seite der Durchgangsstraße. Aber auch hier gibt es schon an vielen Ecken kleine gemütliche Lokale. Es ist abzusehen, daß es immer mehr werden und irgendwann der ganze ursprüngliche Ort verschwunden sein wird.

Und wieder aktuell -PB-: „Inzwischen haben die meisten Reisenden zwangsläufig auch das alte Städtchen Mália entdeckt. Es gibt jetzt ein dieselgetriebenes Straßenbähnchen auf Gummireifen, das eine einstündige Rundfahrt durch den alten Teil des Ortes durchführt. Es gibt dort inzwischen zahllose Tavernen mit vollem Tourismus-Programm, d.h. angeblich „fettarme“ Gerichte bei hollywoodgerecht aufbereiteter Volksmusik.
Das Touristenbähnchen hat immerhin einen großen Vorteil, dass es nämlich ziemlich nahe an die Ausgrabungen des Palastes von Mália fährt (von der Haltestelle „Archeological Site“ sind es dann noch 20 Minuten zu Fuß bis dorthin, und man kann die Fahrt hier unterbrechen, um das Bähnchen dann wieder zurück nach Mália zu benutzen). Bei der Ausgrabungsstätte gibt es jetzt auch ein kleines Restaurant mit sauberen Toiletten und wirklich gutem griechischen Kaffee.“ Womit wir beim angenehmen Teil des Themas wären …

Sehenswürdigkeiten
Nimmt man von Mália aus die Straße Richtung Ágios Nikólaos, so zweigt von dieser nach ca. 2,5 Kilometern links die Stichstraße zu den Ausgrabungen des Palastes von Mália ab. Dieser Palast ist nach Knossós und Festós der drittgrößte ausgegrabene der Insel. Die Ausgrabungen sind täglich von 9 bis 15 Uhr, sonntags nur bis 14 Uhr geöffnet.
Auch hier standen wie in Knossós und Festós ein Älterer und ein Neuer Palast. Vom Älteren ist fast überhaupt nichts mehr zu erkennen (außer spärlichen Resten im Nordwesten der Ausgrabungen zum Meer hin), allerdings bezeichnen Archäologen auch die Anlage des Neuen Palastes als archaischer als in den anderen großen Palästen. Vom Eingang des Ausgrabungsgeländes aus wende man sich zuerst einmal links an den Trümmern vorbei bis zum Ende der Ausgrabungen nach Norden, denn hier lag ursprünglich der Eingang des Palastes.

PicturesOG/maliapla.jpg

Hier wendet man sich rechts und betritt den Palast durch eine kleine Eingangshalle (1), hinter der Magazine liegen (2). Von hier aus wieder rechts nach Süden, dann gelangt man auf den zweiteiligen Nordhof (3). Am Südrand dieses Hofes ein viereckiges Gebäude (in Grundmauern), das wegen der dicken Mauern als Turm gedeutet wird (4). Deswegen wird der südliche Teil des Nordhofes auch als Turmhof bezeichnet. Vorbei an diesem Turm erreicht man dann den Zentralhof (5), wie er für alle Ausgrabungen minoischer Paläste typisch ist, diese Höfe dienten offiziellen und kultischen Zwecken. In der Mitte des Hofes ein Altar für Brandopfer. Östlich des Hofes liegen Magazine (6), westlich die Repräsentationsgemächer. Als erstes erreicht man den Thronsaal (7), in dem der örtliche Herrscher repräsentierte, dahinter wohl ein Ankleideraum, in dem bedeutende Funde gemacht wurden: der Teil eines Zepters, ein Dolch, ein reich verziertes Schwert. All diese Funde sind heute im Archäologischen Museum in Iráklion ausgestellt). Neben diesem Raum führen Fragmente einer Treppe (8) in ein nicht mehr existentes Obergeschoss, wiederum südlich davon eine kleine Halle und eine Pfeilerkrypta (9), danach eine breite Schautreppe und ein besonders gut erhaltener runder Opferstein („Kérnos“) mit vielen kleinen Näpfchen ringsum, die wohl Getreideopfern dienten (10). Weiter im Süden der Ausgrabungen liegen wieder Magazine und Vorratsräume (11), unter anderem acht kreisrunde „Zisternen“ (12). Hier wird jedoch vermutet, dass es keine Wasserbehälter gewesen sind, sondern eher Getreidesilos, der in fünf von ihnen erhaltene Rest eines Mittelpfeilers spricht für diese Deutung.
Wendet man sich an diesen runden Räumen wieder zurück nach Norden, durchquert man quasi im „Hinterland“ des Palastes die Privaträume des Herrschers (14), nachdem man wieder durch weitläufige Magazinanlagen gelaufen ist (13).
In diesen Privatgemächern wurde übrigens das Akrobatenschwert gefunden, das in Saal IV des Archäologischen Museums Iráklion gezeigt wird.
Es wird immer weiter fleißig ausgegraben, sodass möglicherweise die Orientierung nach dieser Beschreibung etwas schwer fällt, da immer etwas dazu kommt. Das Zentrum des eigentlichen Palastes ist aber durch den beschriebenen Rundgang abgedeckt.

Nördlich des Palastes befinden sich noch die Ausgrabungen einer minoischen Nekropole, eines Friedhofs.

Ärztliche Versorgung
Das „Agrotikó Iatrío“ (Arztstation) liegt direkt an der Durchgangsstraße bei der Kirche (an dieser Ecke zweigt die erste Straße zum Strand hinunter ab, wenn man von Iráklion kommt).
Zwei weitere Arztstationen an der Verzweigung der Stichstraße zum Meer neben dem China-Restaurant und unten an der zentralen Kreuzung in der Nähe von McDonalds.

Baden
Der Sandstrand unterhalb des Ortes ist optimal, naturgemäß aber nicht gerade leer.
Eines der schönsten Strandstücke gehört zum Hotel „Kernos“, das ihn auch für „Nicht-Hotelgäste“ (allerdings gegen eine Gebühr) zur Verfügung stellt.

Banken
Banken befinden sich einige auf der Hauptstraße (die „Bank of Crete“ einmal kurz vor dem östlichen Ortsausgang, einmal weiter westlich beim Hotel „Rousakis“). Auch die Nationalbank ist von der Hauptstraße aus zu sehen, obwohl sie in einer Seitenstraße liegt, direkt neben dem Café „Germania“, dessen Inhaberin eine Deutsche ist.
Geldautomaten sind natürlich vorhanden!

Einkaufen
Einkaufen kann man in Mália eigentlich fast nur Dinge des „touristischen Bedarfs“, sprich Souvenirs. Läden mit einschlägigem Angebot finden sich überall im Ort, die Preise sind nicht wesentlich unterschiedlich, Marktführer ist (zumindest was die großsprecherische Werbung, aber auch die Größe und Auswahl betrifft) die Firma „Malia Maria Market“, von oben kommend links an der Stichstraße. Unbescheiden verbreitet man es auf Werbezetteln und auf der Hauswand: „We have something for everyone – don’t leave Malia before visiting us!“ Für den, der solches braucht, gibt es wirklich „everything“.
-PB-: …“stellt für Forschungsreisende in Sachen schlechten Geschmacks einen echten Knüller dar!“
Lebensmittel bekommt man im neuen „Spar-Markt“, aber in guter Qualität und zu moderaten Preisen auch in diversen „Mini-Markets“.

Essen und Trinken
In dieser Hinsicht bietet Mália schlicht alles, was auf Kreta möglich ist. Die meisten Tavernen liegen an der Stichstraße. Es ist nicht einfach, hier Empfehlungen zu geben, hängen die doch hier wie überall vom persönlichen Geschmack ab, es sind mir aber durchaus Unterschiede bezüglich Qualität und Preis aufgefallen. Deshalb hier ein paar Tipps (die Stichstraße diesmal von unten nach oben gesehen – und natürlich werden weitere, andere und korrigierende Tipps gerne entgegengenommen):
– „The Kastro“ (rechts) mit einem gemütlichen kleinen Vorgarten, gut und preiswerter als der Durchschnitt.
– „O Faros“ (links), ein griechisch-maritim aufgemachtes Lokal, leider direkt an der Straße; Spezialität ist Fisch, den man teilweise schon draußen in der Kühlvitrine begutachten und aussuchen kann. Wie überall ist Fisch aber teurer.
– „Apollo“ (links), eine gemütliche Taverne mit Terrasse leider direkt an der Straáe; gepflegtes griechisches Essen, Preise ziemlich im Durchschnitt.
– „Mylos“ (rechts), ziemlich weit oben und zurückliegend mit einem sehr gemütlichen Garten; Essen ist üblicher Durchschnitt, Preise auch.
Die wahren „Highlights“ der Gastronomie (denn die gibt es tatsächlich) liegen allerdings nicht an der Stichstraße. Das sind nämlich die beiden einzigen Lokale, in die die Griechen noch selbst bevorzugt gehen. Beide liegen an der Hauptstraße, beide östlich von der Stichstraße: Am Ortsausgang die Taverne „Plaka“ und noch etwa 200 Meter weiter „To Mandos“. Beide Lokale sind so richtig griechisch-(un)gemütlich, sie verzichten auf den Dekorationsschnickschnack, hier sitzt man immer noch unter Einheimischen. Die Küche ist einfacher, ehrlicher und natürlich auch preiswerter.

-PB- empfiehlt im alten Ortsteil die Taverne „Anemone“: „Das Essen ist kretisch und traditionell (auch wenn es für Touristen natürlich auch so schreckliche Dinge wie Spaghetti Napoli auf der Karte hat), und die Preise sind für die aufgetragenen Mengen geradezu sensationell.“

Wer dringende Lust auf holländische Fritten und Frikandels verspürt, bekommt diese an der Durchgangsstraße etwa in Ortsmitte.

Nachtleben
Die Nacht werden die meisten in einer der diversen Diskotheken oder Disco-Pubs an der Stichstraße beschließen – was heißt „beschließen“, meistens werden die Nächte ziemlich durchgemacht (s. o.). Diese haben allerdings nichts mehr gemein mit den ursprünglichen urigen Discos am Strand, die nur aus ein wenig Holz und großen Lautsprecherboxen bestanden. Es sind richtige Neonpaläste, die in jeder deutschen Großstadt stehen könnten, im Unterschied dazu locken sie aber mit fast offener Vorderfront. In dieser Hinsicht ist Mália „bestens“ versorgt.

Post, Telefon
OTE (Telefon und Telegramme) liegt an der Hauptstraße von Mália westlich in der Nähe des Ortseingangs, geöffnet werktags von 8.30 bis 21 Uhr (überall aber auch Kartentelefone).
Die Post liegt in einer Nebenstraße der Durchgangsstraße: Zwischen Kirche und Arztstation (s.o.) hinein, etwa 100 Meter.

Reinigung
An der Durchgangsstraße schräg gegenüber von Kirche und Taxistand.

Reitstall
Normalerweise mache ich keine Werbung für kommerzielle touristische Angebote. Das folgende aber finde ich wirklich interessant, gerade weil die angebotenen Möglichkeiten in Mália, außer sich mit sich selbst und Gleichgesinnten zu beschäftigen, doch recht stereotyp sind.
Also: Ein Reitstall veranstaltet täglich Ausritte ins Hinterland. Und wer nicht reiten kann, der darf im Wägelchen Platz nehmen, von Ponies oder Pferden gezogen, geruhsam, ruhig, fernab aller Hektik. Und hinterher kehrt man dann im Dorf Skaláni zu einem hausgemachten (na ja) Essen ein. Es ist natürlich eine pauschal organisierte Angelegenheit, aber zumindest ist sie origineller ausgedacht als so vieles andere. Informationen bekommt man an der Stichstraße zum Strand gegenüber des Hotels „Florella“.

Taxi
Taxistand an der Durchgangsstraße vor der Kirche.

Unterkunft
Mália wird bevorzugt pauschal angeboten, so dass es manchmal schwierig sein kann, ein Zimmer zu bekommen.

Hotels Mália – Preisvergleich bei trivago.

Hier eine weitere kleine (!) Auswahl:
B-Kat.: „Sunshine“ (Pension); 10 Zimmer/22 Betten; Tel. 28970-31401; April – Oktober.
C-Kat.: „Efi“; 18 Zi./35 B.; Tel. 28970-31640, März – Oktober.
C-Kat.: „Dionysos“; 15 Zi./29 B.; Tel. 28970-31475, April – Oktober.
C-Kat.: „Helen“; 23 Zi./43 B.; Tel. 28970-31545; April – Oktober.
C-Kat.: „Hermes“; 37 Zi./69 B.; Tel. 28970-31788; April – Oktober.
C-Kat.: „Minoa“; 20 Zi./37 B.; Tel. 28970-31465; April – Oktober.
C-Kat.: „Minoikos Ilios“; (ein schöner Name: Minoische Sonne); 10 Zi./19 B.; Tel. 28970-31106; April – Oktober.
C-Kat.: „Mistral“; 28 Zi./54 B.; Tel. 28970-31934/5; April – Oktober.
D-Kat.: „Alkyon“; 12 Zi./23 B.; Tel. 28970-31394.
D-Kat.: „Maryelen“; 18 Zi./34 B.; Tel. 28970-31419; April – Oktober.
E-Kat.: „Ermioni“; 9 Zi./17 B.; Tel. 28970-31093.
E-Kat.: „Irini“; 8 Zi./16 B.; Tel. 28970-31658/9; April – Oktober.
E-Kat.: „Popi“; 8 Zi./16 B.; Tel. 28970-31457.
E-Kat.: „Theoni“; 11 Zi./22 B.; Tel. 28970-31341.

Diverse nicht klassifizierte Privatzimmervermietungen sind auch vorhanden. Preise nicht wesentlich billiger als die preiswertesten Hotels.
Einen Campingplatz hat Mália nicht (mehr), der nächste liegt östlich bei Síssi.

Öffentliche Verkehrsmittel
Jede halbe Stunde zwischen 7 und 22 Uhr fährt ein Bus nach Iráklion. Da Mália außerdem an der Hauptdurchgangsstraße Iráklion – Ágios Nikólaos liegt, kommen noch alle Busse dazu, die zusätzlich diese Strecke befahren, sowohl her wie hin. Man braucht keinesfalls lange zu warten. Außerdem fährt morgens noch ein Bus von Mália zur Lassíthi-Hochebene/Psýchro/Diktéon Andron).