Sonntag, 8. Juli – Kreta 2001

Der Tag verläuft ereignislos, ich lese, bummele herum und tue gar nichts. Da ich ahne, dass der Abend etwas länger dauern wird, ist das das Beste, was ich tun kann.

Abends finde ich mich zur verabredeten Stunde bei Leandros, seinen Töchtern Marika und Clio und Jorgos, dem Ehemann der letzteren ein. Jorgos hat alles organisiert: Wir werden noch zu Jorgos‘ Schwager (der ebenfalls Jorgos heißt) hinüber gehen, da allgemein gewünscht wird, dass ich wieder Gitarre spiele und singe, dies aber in Leandros‘ Haus wegen des kürzlichen Todes seiner Frau Evangelia nicht so ganz passend wäre.

Als wir dort ankommen, ist Schwager Jorgos, ein Schäfer, noch in Verkaufsverhandlungen betreffs einiger Kilo Lammfleisch und er bittet uns sogleich, ihm schnell mal beim Rechnen zu helfen (der Käufer ist nicht in Hörweite).
„13 einhalb Kilo mal 2.200 Drachmen, wie viel ist das.“

Da ich weiß, dass viele Griechen Schwierigkeiten beim Kopfrechnen haben, übernehme ich freiwillig die Antwort: „29.700 Drachmen!“
Die beiden Jorgos schauen ungläubig, weil die Antwort so schnell kam.
„Und wenn ich 2.400 Drachmen pro Kilo verlange?“ Der Schäfer grinst verschmitzt.
„Dann sind es 32.400 Drachmen!“

Der andere Jorgos will es nicht glauben und holt Papier und Bleistift. Nach einigen Minuten findet er mein Ergebnis zu seinem Erstaunen bestätigt. Sein Schwager geht zufrieden fort und kehrt wenig später noch zufriedener zurück. Aufgrund seines kleinen Tricks hat er die ursprünglich erwünschten 30.000 Drachmen bekommen. Das muss gefeiert werden.

Wie immer, wenn Marika und Clio kochen, gibt es viel zu viel zu essen. Spaghetti, Lamm, Ziege, Kartoffeln, Salat, Käse … ich kann kaum noch Papp sagen. Dann holt der Sohn des Hauses eine Mandoline hervor, ich packe die Gitarre aus und wir musizieren stundenlang gemeinsam bis weit nach Mitternacht (zum Glück steht das nächste Haus einige Meter weiter). Die letzten beiden Stunden trinke ich nur noch Cola, denn ich habe doch etwas Bammel vor den inzwischen auch in Griechenland und besonders hier unten in der Messará-Ebene gern durchgeführten Alkohol-Kontrollen. Vor allen Dingen deshalb, weil ich an Kókkinos Pýrgos vorbei muss, in dessen Bars es vor allen Dingen am Wochenende heiß hergeht …

Aber heute findet keine Kontrolle statt, oder wenn, dann anderswo. Unbehelligt erreiche ich mein Bett und die Klimaanlage …