Hier alle gesamtgriechischen bzw. kretischen kirchlichen und weltlichen Feiertage und Feste im Jahresablauf (auf die vielen Dorffeste, die jeweils dem Schutzheiligen der Dorfkirche gewidmet sind, kann ich hier beim besten Willen nicht eingehen. Informationen dazu ggfs. bei den Orten):
1. Januar („Protochroniá“) bzw. schon die Nacht davor, die Silvesternacht, ist die Nacht des Ágios Vassílis, der in Griechenland die Funktion des Weihnachtsmannes übernommen hat: Er bringt die Geschenke. Die Nacht wird im Familienkreis mit Karten- und Glücksspielen verbracht (manchmal gehen die Männer zu diesem Zweck aber auch in eine Kneipe). Um Mitternacht werden daheim die Fenster geöffnet, damit das alte Jahre hinaus und das neue hinein kann, und der Neujahrskuchen wird aufgeschnitten, in den ein Geldstück eingebacken ist. Wer es findet, hat angeblich im folgenden Jahr viel Glück. Ich habe es noch nie gefunden …
6. Januar („Agía Theofanía“): dieser Tag wird in Erinnerung an die Taufe Christi gefeiert. Im ganzen Land wird das Wasser gesegnet, in vielen Küstenorten werden Messen am Meer gefeiert, zu deren Höhepunkt der Priester das Kreuz in die Fluten wirft, dem mutige und besonders kältefeste (junge) Männer hinterhertauchen, um es wieder heraufzuholen. Für den Fall, dass es keiner von ihnen findet, ist vorgesorgt: Es hängt heutzutage meist an einem Nylonfaden, den der Priester in der Hand behält.
7. Januar („Ioánnou tou Prodrómou“): Fest Johannes des Täufers.
Karneval feiert man auch auf Kreta mit Masken. In Réthymnon und Iráklion werden närrische Umzüge durchgeführt. Der letzte Karnevalstag ist der „Saubere Montag“ („Katharí Devtéra“), an diesem Tag beginnt die große Fastenzeit (die vierzig Tage bis Ostern dauert). Es wird noch gefeiert, oft auch mit Ausflügen und Picknicks im Grünen, aber nur mit Fastenspeisen. Vor allem auf dem Land wird auch heute noch die Fastenzeit streng eingehalten (natürlich wird etwas bzw. wie immer reichlich gegessen, aber weder Fleisch, Fisch noch Milchprodukte).
Auch hier wieder eine lustige Geschichte: Meine Frau und ich waren kurz vor Ostern – also auf dem Höhepunkt der Fastenzeit – in einem Lokal in Vámos. Es war brechend voll, alle aßen Unmengen an Fleisch, nur wir bestellten lauter Fastenspeisen, ohne das bewusst getan zu haben oder es überhaupt zu bemerken. Erst als wir beim Bezahlen freundlich gefragt wurden, ob wir orthodox seien und die Fastenzeit einhalten würden, wurde es uns klar … der Wirt lachte herzlich, als wir ihm erklärten, dass wir Deutsche und evangelisch seien und die Speisen nur in Bezug auf unseren Geschmack ausgesucht hatten.
Der 25. März ist ein doppelter Feiertag. Erstens ein kirchlicher, nämlich „Mariä Verkündigung“, der in vielen Kirchen festlich begangen wird, darüber hinaus einer der beiden größten weltlichen Feiertage der Griechen: Am 25. März 1821 brach der große Aufstand gegen die türkischen Fremdherrscher aus (Bischof Germanós von Pátra hisste die griechische Fahne der Revolution im Kloster Agía Lávra auf der Peloponnes und verkündete den Aufstand).
Die Karwoche („Megáli Evdomáda“) beginnt mit dem Palmsonntag, an dem Kirchen und Haustüren mit Zweigen und Geflechten aus Palmblättern geschmückt werden. Am Karfreitag („Megáli Paraskeví“) wird Christi Grablegung fast überall in feierlichen Prozessionen nachvollzogen.
Am Abend des Ostersamstages beginnt die große Messe, die um Mitternacht ihren Höhepunkt findet: Der Priester bringt aus der Ikonostase das neue Licht, an dem die Gläubigen ihre Kerzen entzünden und ruft ihnen zu: „Christós anésti“ (Christus ist auferstanden), und die Gemeinde antwortet ihm: „Alithós anésti“ (Er ist wahrhaftig auferstanden). Der allgemeine Jubel wird durch Feuerwerk, Kracher sowie Gewehr- und Pistolenschüsse unterstützt, Kracher leider auch schon mal im Inneren der Kirche.
Nach der Messe wird dann in vielen Dörfern der „Judas“ auf einem großen Feuer verbrannt (eine Puppe natürlich!). Danach, oder erst am Sonntagvormittag beginnt dann das „Große Fressen“ nach der 40-tägigen Fastenzeit. Im Familien- und Freundeskreis also das festliche und reichhaltige Ostermahl, u. a. mit Lamm vom Spieß und rotgefärbten Eiern.
Ostern ist das höchste Fest im christlich-orthodoxen Jahresablauf (der Termin des orthodoxen Osterfestes fällt übrigens mit dem unsrigen nur selten zusammen, was am Gregorianischen Kalender liegt).
Auch Christi Himmelfahrt und Pfingsten werden mit Gottesdiensten gefeiert.
Mehr weltlichen Charakter hat der 1. Mai („Protomajiá“), der mit Ausflügen in die frische grüne Landschaft gefeiert wird. Blumenkränze werden geflochten und über die Haustüren gehängt und der Frühling lässt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte …
Ein rein weltlicher und gleichzeitig rein kretischer Festtags- oder besser Gedenktagstermin ist die Woche vom 20. bis 27. Mai. Zur Erinnerung an die Schlacht von Kreta, bei der kretische Partisanen und die Zivilbevölkerung heldenhaften, aber letztendlich vergeblichen Widerstand gegen die deutschen Fallschirmjäger leisteten, werden in Chaniá sportliche Wettkämpfe veranstaltet.
Am 24. Juni brennen überall in Griechenland wie bei uns die Sonnwendfeuer.
Der 15. August, Mariä Himmelfahrt (Tis Panajías), wird in ganz Griechenland festlich begangen, besonders deftig wohl in Neápolis (Bezirk Lassíthi), hier dauert der 15. August vom 14. bis zum 16.!
14. September „Kreuzeserhöhung“ (Ípsosis Timíou Stavroú). Kirchlicher Feiertag (und Fastentag), der überall auf Kreta festlich mit Gottesdiensten begangen wird.
Der 28. Oktober ist wiederum ein rein weltlicher Nationalfeiertag, der „Óchi-Tag“. Er wird begangen in Erinnerung an das „Óchi!“ (Nein!) der griechischen Regierung unter Metaxás zum Ultimatum Mussolinis, der die Griechen 1940 zur Kapitulation aufforderte.
Ein rein kretisches nationales Datum sind der 7. bis 9. November. In diesen Tagen gedenkt die Insel der Märtyrer, die sich im Jahre 1866 im Kloster Arkádi selbst in die Luft sprengten, um der Gefangenschaft der Türken zu entgehen. Entsprechende Feiern finden in Arkádi selbst und im benachbarten Réthymnon statt.
Am 24. Dezember wird nicht wie bei uns der Heilige Abend gefeiert, nur die Kinder ziehen von Haus zu Haus und singen die „Kálanta“ (Lieder zur Ankündigung der Geburt Christi), wobei sie auf allerlei Instrumenten und besonders auf Triangeln einen ziemlichen Lärm veranstalten. Dafür bekommen sie eine kleine Belohnung (vergleichbar mit dem hierzulande bekannten Brauch des St. Martins-Singens). Übrigens singen sie in der Silvesternacht und in der Nacht zum 6. Januar wieder, allerdings andere, speziell für diese Anlässe vorgesehene Lieder.
Erst am 25. Dezember beginnt das eigentliche Weihnachtsfest im Familienkreis. Auch in vielen kretischen Haushalten hat der Weihnachtsbaum Einzug gehalten. Er ist allerdings praktisch immer aus Plastik. Doch wenn man sich den Baumbestand Kretas anschaut, der würde vermutlich nicht ein einziges Weihnachtsfest überdauern – also doch besser die Mehrweg-Plastikware! Geschenke allerdings bringt der Ágios Vassílis erst in der Silvesternacht (s. o.).